Kindererziehung
Der Schulweg als Lernraum
Die Bewältigung des täglichen Schulwegs ermöglicht es den Kindern ihre eigenen Erfahrungs- und Lernräume zu erkunden. Sie werden auf ihrem selbstständigen Weg zur Schule mit unterschiedlichen Herausforderungen und Erfahrungen konfrontiert, denen Sie im Alltag dann nicht ausgesetzt sind, wennsie zum Beispiel durch „Eltern-Taxifahrten“ chauffiert werden. Dadurch erhalten die Kinder die Möglichkeit sich selbständig und sicher im Straßenraum zu bewegen, denn der Schulweg gilt als Übungsraum zum Erlernen des richtigen Verkehrsverhalten. Sie lernen so frühzeitig wie sie mit den Herausforderungen im Straßenverkehr umzugehen haben und können als Fußgänger Ihr Umfeld besser kennenlernen. Mit der Unterstützung von Eltern, Freunden und gegebenenfalls auch Lehrern, kann der sichere Umgang im Straßenraum bei Kindern "trainiert" werden.
Ebenfalls wird durch die tägliche Bewegung dem Bewegungsmangel bei Kindern entgegengewirkt und so das kindliche Gehirn gefördert. Auch das Sozialverhalten wird auf dem Weg zur Schule ausgebaut. Auf dem Schulweg werden Freundschaften gepflegt, Solidarität und Hilfsbereitschaft ausgebaut und die Selbstständigkeit erlernt. Der tägliche Schulweg wird so zu einer wichtigen Quelle von Lern- und Erfahrungschancen. Insbesondere sollte aber darauf geachtet werden, dass Eltern aber auch Lehrer und Lehrerinnen die Kinder bei der Bewältigung des Schulweges unterstützen und ihnen mit dem Schulwegplan beim sicheren Umgang mit dem Schulwegplan helfen.
Bauliche und verkehrsrechtliche Maßnahmen
Verbesserungs-Möglichkeiten für Schulwege
Setzen Sie Prioritäten!
Für verkehrssichere und angenehme Schulwege sind
- ausreichende und möglichst zusammenhängende Gehwegflächen notwendig,
- für die Querungen von Fahrbahnen kindgerechte Sichtverhältnisse und sichere Querungsstellen und nicht zuletzt
- die Durchsetzung einer der Situation angemessenen Fahrgeschwindigkeit im Straßenverkehr.
„Bauliche Maßnahmen sind der direkteste Weg zu einer sicherheitsförderlichen alltäglichen Verhaltenskultur.“ (1)
Das Schulwegplan-Verfahren befindet sich jetzt in einer Phase, in der konkrete Umsetzungschritte vorbereitet werden müssen. Unabhängig davon, ob die Schulwegpläne bereits an die Eltern verteilt wurden oder noch nicht, sollten sich nun alle Beteiligten auf die Verminderung von Gefahrenstellen konzentrieren. Auf der Grundlage des Schulwegplanes, der in der Auswertung der Fragebögen bereits genannten Verbesserungs-Möglichkeiten und der Diskussionsergebnisse im Verlauf des Verfahrens sind noch einmal die Stellen zu betrachten, die sich im Schulbezirk als Haupt-Gefahrenstellen herauskristallisiert haben. Es sollte unbedingt eine Prioritäten-Liste angefertigt werden über die vordringlich zu behebenden Mängel. Dabei sollten im ersten Durchgang die Kosten und die mitunter komplizierten Umsetzungen von Maßnahmen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Bei der Festlegung der „Sofort-“ bzw. „definitiven“ Maßnahmen, die von allen Beteiligten für unumgänglich gehalten werden, wird in der Regel die Verkehrssicherheit im Vordergrund stehen. Dennoch sollten die anderen Gesichtspunkte nicht aus dem Auge verloren werden. Die Umgehung einer unangenehmen oder die Erreichung einer attraktiven Stelle kann im Verlauf eines Schulweges sehr schnell zu einem Verkehrssicherheitsproblem werden.
Bedingungen für sichere und angenehme Wege
In den letzten 20 Jahren wurde in den technischen Regelwerken für den Straßenbau zumindest die gleichberechtigte Behandlung der Fußgänger verankert. In der Literatur zur Schulwegsicherung blieben aber mitunter neuere Erkenntniss der Verkehrssicherheitsforschung unberücksichtigt oder es wurden Aussagen über die geltenden Straßenbauempfehlungen nicht aktualisiert.(2)
Deshalb haben wir für Sie auf der Website www.geh-recht.de > Fußverkehrsanlagen alle wesentlichen und aktuellen technischen Hinweise und Empfehlungen für den Fußverkehr zusammengestellt, die selbstverständlich auch für Schulwege als einforderbarer „Stand der Technik“ gelten. Darüber hinaus finden Sie Hintergrundinformationen auf unserer Website "www.fuss-ev.de" vor allem in den Themengruppen Gehwege und Gehwegnetze sowie Fußgängerquerung von Fahrbahnen.
Darüber hinaus empfehlen wir verschiedene FUSS e.V. - Veröffentlichungen, die innerhalb des Schulwegplan-Verfahrens hilfreich sein können. Besuchen Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Broschüren insbesondere die Bereiche Fußverkehr-Kinder, Fußverkehr-Wege, Fußverkehr-Queren und Verkehrsberuhigung.
Quellenangaben
Zu den Angaben und Zitaten auf dieser Seite finden Sie hier die Quellenangaben.
Schulstrassen
Eine sinnvolle Ergänzung und verstärkende Maßnahme zu den Elternhaltestellen im Rahmen des schulischen Mobilitätsmanagements ist die Einrichtung einer Schulstraße. Ohne diesen Schritt kann eine Elternhaltestelle als Empfehlung oder Angebot verstanden werden, doch die Umwidmung zu einer Schulstraße verleiht zusätzlich Nachdruck. Unter einer Schulstraße versteht man, dass die Straße vor der Schule ca. 30 Minuten vor Schulbeginn und 30 Minuten nach Schulende für den Autoverkehr und somit auch für Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto mitnehmen wollen, gesperrt wird. Ziel ist auch hier die Reduktion des täglichen Verkehrschaos zu eben jenen Stoßzeiten und vor allem eine erhöhte Sicherheit für gehende oder Rad fahrende Schulkinder. Aufgrund der Durchfahrtsbeschränkung der Straße gewinnen bestehende Elternhaltestellen an Relevanz und sind im Zusammenhang mit dieser Maßnahme unabdingbar.
Ob die Straße vor einer Schule geeignet ist, um zur Schulstraße zu werden, muss die jeweils zuständige Verwaltung prüfen. Passierende Straßenbahnen stellen zum Beispiel ein kaum lösbares Hindernis dar, während Busse durchaus in den betroffenen Zeiträumen umgeleitet werden können.
Doch bevor es zu der Prüfung kommt, sind einige vorgelagerte Schritte nötig, denn die Umsetzung einer solchen doch recht stark eingreifenden Maßnahme kann etwas Überzeugungsarbeit kosten.
Der VCD hat auf seiner Projekt-Website „strasse-zurueckerobern.de“ eine Anleitung veröffentlicht, die engagierten Eltern und Mitstreiter*innen Schritt für Schritt erklärt, was auf dem Weg zur Etablierung einer Schulstraße alles zu tun ist:
- Schritt 1: Gemeinsam nach Lösungen suchen)
- Schritt 2: Bestandsaufnahme & Argumente sammeln
- Schritt 3: Schule ansprechen & Konzept erarbeiten
- Schritt 4: Verkehrsrechtliche Anordnung einholen
- Schritt 5: Alternativen zum Schulweg mit dem Auto ausprobieren (z.B. Laufbusse)
Die ausführliche Anleitung sowie hilfreiche Beispiele und Tipps finden Sie unter folgendem Link: https://www.strasse-zurueckerobern.de/anleitungen/mit-schulstrassen-sicher-unterwegs-so-gehts/
Elternhaltestellen
Eine Maßnahme, die im Rahmen des schulischen Mobilitätsmanagements, aber auch als alleinige Maßnahme die Sicherheit rund um die Schulstandorte verbessern kann, sind sogenannte Elternhaltestellen. Vielerorts herrscht zu Schulbeginn und -ende ein reges Chaos auf den Straßen vor den Schulgebäuden. Verschärft wird die Situation zusätzlich durch Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen oder abholen und im schlimmsten Fall direkt vor dem Schulgebäude halten. Insbesondere für zu Fuß gehende oder Rad fahrende Kinder stellen sie ein Risiko dar. Um dem entgegenzuwirken können Schulen Elternhaltestellen etablieren. Diese befinden sich 100-500 m von der Schule entfernt, sodass die Schüler*innen die letzten Meter noch zu Fuß zurücklegen können und gleichzeitig der Verkehr vor der Schule entschärft wird.
Zuerst muss analysiert werden, wie viele Halteplätze nötig sind. Dabei stellt die Größe der Schule und die durchschnittliche Haltedauer der „Elterntaxis“ eine Rolle. Gleichzeitig würde ein zu großes Stellplatzangebot suggerieren, dass das Bringen und Abholen mit dem Auto gar erwünscht ist, anstatt dass der Fußverkehr gefördert werden würde. Sobald eine Stellplatzzahl definiert wurde, muss als nächstes ein geeigneter Standort gefunden werden, denn die Haltezone darf natürlich nicht auf Kosten der Anwohnenden eingerichtet werden oder im Konflikt mit der StVO stehen. Auch andere Verkehrsteilnehmende sollten nicht behindert werden und der Weg von der Haltestelle zur Schule muss für die Kinder möglichst sicher sein.
Elternhaltestellen haben das Potenzial den Anteil an Kindern, die zu Fuß zur Schule kommen, signifikant zu erhöhen und gleichzeitig die Zahl der Elterntaxis zu minimieren, wie eine Umfrage im Rahmen des schulischen Mobilitätsmanagements der Essener Andreasschule zeigt.
In der digitalen ADAC-Broschüre „Das Elterntaxi an Grundschulen. Ein Leitfaden für die Praxis“ (2018) finden Sie weitere Beispiele und Informationen sowie Hilfestellungen zur Einrichtung einer Elternhaltestelle, beispielsweise Checklisten u.a. zur Standortbewertung.
QUELLEN:
SCHULISCHES MOBILITÄTSMANAGEMENT - Sichere und nachhaltige Mobilität für Kinder und Jugendliche
Schulisches Mobilitätsmanagement
Schulwegpläne sind ein geeignetes Instrument, um die Sicherheit von Schulkindern, die zu Fuß oder auch mit dem Rad unterwegs sind, zu erhöhen. Die sich durch den motorisierten Verkehr ergebenen Gefahrenstellen werden ermittelt, die Schulkinder für diese sensibilisiert und im besten Fall werden sie durch bauliche oder verkehrsrechtliche Maßnahmen minimiert. Schulwegpläne können Eltern und Kindern also ein sichereres Gefühl vermitteln, wenn es darum geht, den Schulweg zu Fuß oder per Fahrrad zurückzulegen. Doch generell werden nach wie vor viele Kinder mit dem Auto zur Schule gefahren. Dabei ist gerade diese Lebensphase prägend, wenn es um das Erlernen eines nachhaltigen und selbständigen Mobilitätsverhaltens geht. Eingeübte Mobilitäts- bzw. Verhaltensmuster sind im Erwachsenenalter nur noch schwer zu ändern. Gleichzeitig wäre es für die individuelle Gesundheit sowie für unsere Umwelt wichtig und wertvoll, auf nachhaltigere und bewegungsintensivere Mobilitätsarten zu setzen.
Eine Maßnahme – oder eher ein Maßnahmenpaket –, das über den reinen Schulweg hinauswirkt und das Mobilitätsverhalten von Kindern beeinflussen und formen kann, ist das (schulische) Mobilitätsmanagement. „Leitgedanke ist dabei ein umfassendes „Mobilitätsmanagement“ für Kinder und Jugendliche, bei dem die verschiedenen Akteure aus „Schulwelt“ und „Verkehrswelt“ zusammenwirken. Wegen der zentralen Bedeutung der Schule als Ziel der Wege von Kindern und für die Mobilitätsbildung, wird dafür häufig auch der Begriff „Schulisches Mobilitätsmanagement“ verwendet.“ (Handbuch SSM 2018, S. 5)
Es ist wichtig, dass Kinder dabei Mobilitätskompetenz erlernen ¬– und zwar selbstständig ohne dauerhafte Begleitung durch Eltern oder Betreuer*innen ¬– damit sie als Erwachsene entscheidungskompetent sind, welches Verkehrsmittel sie nutzen wollen. In diesem Zusammenhang sollten verschiedene Mobilitätsoptionen aufgezeigt werden und gleichzeitig müssen die Kommunen dafür sorgen, dass sich Kinder unabhängig von der gewählten Option auf sicheren Wegen fortbewegen können.
Die Hauptakteure des schulischen Mobilitätsmanagements sind die Kreise, Städte und Gemeinden (u.a. mit ihren Straßenverkehrsbehörden und Verkehrsplanungsämtern), die Schulen und Schulbehörden, die Polizei sowie Verbände und Institutionen (wie der örtlichen Verkehrswacht, Interessenverbände für Rad- oder Fußverkehr, Umwelt- oder Kinderschutz).
Zu betonen ist dabei, dass das schulische Mobilitätsmanagement nicht als eine Maßnahme zu verstehen ist, sondern ein System bzw. eine Kombination vieler verschiedener Maßnahmen darstellt, sodass sich die diversen Akteure an unterschiedlichen Stellen mit ihren Stärken einbringen können.
Dabei können laut dem Handbuch für schulisches Mobilitätsmanagement verschiedene Maßnahmen aus den folgenden drei Handlungsfeldern kombiniert werden (S. 24-25):
- Infrastruktur und Verkehrsangebot: Verkehrssicherheit durch Gestaltung der Straßen, Wege und sonstigen Verkehrsanlagen sowie Angebote des öffentlichen Verkehrs
- Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung: Klassische schulische Verkehrssicherheitserziehung, aber auch fächerübergreifende Lehre/Projekte zum Thema Mobilität
- Organisation und Information: Informationsvermittlung zu sicherer und nachhaltiger Mobilität, Erstellen von Schulmobilitätsplänen, Bildung von Netzwerken für Kinder- und Jugendmobilität